Fünf Jahre Corona-Pandemie: Über Entscheidungen, Fehler und gesellschaftliche Verantwortung
Fünf Jahre nach den ersten Lockdown-Entscheidungen ist es für mich an der Zeit, eine persönliche Bilanz zu ziehen. Als damaliger Innensenator im rot-rot-grünen Berliner Senat war ich an vielen Entscheidungen unmittelbar beteiligt – Entscheidungen, die tief in das Leben der Menschen eingegriffen haben. Und genau deshalb finde ich: Wir dürfen jetzt nicht schweigen. Eine ehrliche, politische Aufarbeitung ist notwendig – nicht für Schuldzuweisungen, sondern für die Zukunft.
Ich will das Feld nicht denen überlassen, die heute mit Verschwörungserzählungen und der Linse des Präventionsparadoxon auf die Maßnahmen blicken. Unsere Entscheidungen waren im Grundsatz richtig und notwendig – aber natürlich müssen wir ihre Wirkung und ihre Langzeitfolgen kritisch hinterfragen. Nur so können wir für zukünftige Krisen besser vorbereitet sein.
In meiner Videobotschaft spreche ich darüber, wie wir damals gearbeitet haben: unter großem Druck, mit wissenschaftlicher Begleitung und unter ständiger Abwägung zwischen dem Schutz von Leben und der Wahrung von Grundrechten. Entscheidungen wie Kontaktbeschränkungen oder Versammlungseinschränkungen waren nie leicht – aber sie dienten dem Schutz der Menschen.
Klar ist aber auch: Nicht alle Entscheidungen waren im Rückblick richtig. Beispielsweise die Schulschließungen – mit dem heutigen Wissen würde ich diese Entscheidung so nicht mehr treffen. Auch der Umgang mit den Bewohnerinnen und Bewohnern von Seniorenheimen belastet mich bis heute. Viele starben zwar gut geschützt vor dem Virus, aber in Einsamkeit. Diese menschlichen Folgen müssen wir ernst nehmen und daraus lernen.
Gleichzeitig sehe ich: Dort, wo wir schnell und entschlossen gehandelt haben, konnten wir Leben retten – gerade im internationalen Vergleich zeigt sich, wie wichtig frühzeitige Maßnahmen waren. Auch wirtschaftlich hat Berlin schnell reagiert: Unsere Förderprogramme kamen zügig und unbürokratisch bei den Menschen an.
Was die Impfkampagne betrifft, bin ich überzeugt: Sie war entscheidend, um aus der akuten Gefahrenlage herauszukommen. Ja, es gibt Fälle von Impfschäden, und sie verdienen unser Mitgefühl und unsere Aufmerksamkeit. Aber im Gesamtergebnis haben die Impfungen vielen Menschen das Leben gerettet.
Am Ende bleibt für mich eine zentrale Erkenntnis: Die große Mehrheit der Menschen in dieser Stadt hat Verantwortung füreinander übernommen. Nicht, weil es verordnet wurde – sondern aus Rücksicht und Solidarität. Dafür bin ich unheimlich dankbar.