Den Hauptstadtverkehr integriert denken

Im Verlagshaus des Tagesspiegels habe ich heute über die Zukunft des Radverkehrs in Berlin diskutiert.  Auf dem Podium waren außerdem mit dabei: Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB, Volker Krane vom Vorstand des ADAC, Stefan Lieb vom Fußgängerverband FUSS e.V. sowie Heinrich Strößenreuther von der Initiative für das Fahrrad-Volksbegehren in Berlin. Die weitgehend sachlich verlaufene Diskussion ist ein guter Ausgangspunkt für den weiteren Dialog zu dem von allen Podiumsteilnehmern geteilten Ziel: bessere und sichere Radwege in Berlin. Zugleich wurde aber auch sehr deutlich, dass der unbestrittene Ausbaubedarf für den Radverkehr nicht unausgewogen zu Lasten anderer Verkehrsteilnehmer – insbesondere zu Lasten des öffentlichen Nahverkehrs und der Fußgänger – gehen darf.

Auch wenn wir die Mittel für den Radverkehr seit 2011 verdoppelt haben: Der Ausbau Radverkehrsinfrastruktur geht noch immer nicht schnell genug voran. Berlin wächst rasant und mit ihm die Zahl der Verkehrsteilnehmer. Um den ansteigenden Bedarf nach Mobilität zu befriedigen, können wir nicht auf den Individualverkehr mit dem Auto setzen: Der Flächenbedarf und die Immissionen des Automobilverkehrs sind zu hoch und bei einem gleichförmigen Anstieg mit der Bevölkerungszahl den Berlinerinnen und Berlinern nicht zumutbar. Es ist deshalb ein erfreulicher Trend, dass sich immer mehr Menschen für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs entscheiden, zu Fuß gehen oder das Rad benutzen. Der Anteil des Autoverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen sinkt beständig. Der Radverkehrsanteil in der Innenstadt indes liegt inzwischen schon bei 18%. Aber selbstverständlich muss mit der Zunahme der Fahrradfahrer auch die Radverkehrsinfrastruktur ausgebaut und verbessert werden. Hierfür müssen wir auch noch mehr Geld in die Hand nehmen als bisher: Ich plädiere für eine deutliche Steigerung der Ausgaben für den Radverkehr von derzeit 15 Millionen auf 40 Millionen €. Zudem müssen wir die Verwaltung so stärken, dass wir die notwendigen Verbesserungen für den Radverkehr auch zügig umsetzen können. Zur Beschleunigung schlage ich eine Radinfrastrukturgesellschaft vor, die zugleich die nachhaltige Gestaltung der Radverkehrsanlagen sicherstellen kann, damit der Ausbau der Radinfrastruktur zugleich auch ein Gewinn für den öffentlichen Raum wird.

Es ist Verdienst der Initiative für das Fahrrad-Volksbegehren, dass sie dieses wichtige Thema in der politischen Debatte stark gemacht hat. Zugleich sollte sie aber auch die sehr breite Kritik an ihrem konkreten Gesetzentwurf – wie sie im Rahmen der Diskussion beim Tagesspiegel auch von den Interessensgruppen anderer Verkehrsteilnehmer oder von Umweltverbänden formuliert wurden – nicht verschließen. Wenn für die Radfahrer etwa eine „grüne Welle“ gefordert wird, bedeutet dies selbstverständlich für die anderen Verkehrsteilnehmer – etwa für Busse und Fußgänger – deutlich längere Wartezeiten. So manche Forderung der Initiative, wie 100 Kilometer kreuzungsfreie Fahrradstraßen durch eine bestehende Stadt zu bauen, ist zudem in Berlin mit einem vertretbaren Aufwand kaum realisierbar. Ich bin jedoch zum Dialog auf Augenhöhe mit den Initiatoren des Fahrrad-Volksbegehrens bereit, damit wir gemeinsam Wege für einen attraktiven Radverkehr im Rahmen eines integrierten Verkehrskonzeptes für Berlin finden.

 

 

 

 

 

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